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Marketing ohne Cookie-Tracking

Spätestens seit 2019 bedürfen Cookies der aktiven Einwilligung durch den Nutzer. Dabei sind Cookies, die für Marketing, Analysen und Tracking gesetzt werden besonders betroffen, da diese nicht als essentiell gelten. Mit viel Kreativität versuchen einige Seitenbetreiber durch spezielle Formulierungen in den Consent-Tools die Auswertbarkeit solcher Marketing-Cookies noch etwas hinauszuzögern. Fakt ist aber, dass immer mehr Nutzer sehr genau lesen und diese Cookies blocken.

Die Auswertbarkeit von Marketing-Kampagnen ist somit kaum noch gewährleistet - auch weil immer mehr Standardbrowser die 3rd Party Cookies bereits in den Grundseinstellungen blockieren und auch die Lebensdauer von 1st Party Cookies stärker begrenzen. Und selbst Google als größter Anbieter von Online-Werbung blockiert im Chrome Browser nun alle 3rd Party Cookies, um gleichzuziehen und keine Marktanteile im Browser-Krieg zu verlieren. 

Größte Nutznießer sind zur Zeit alle großen US-Plattformen und Technologieanbieter, die über Logins bzw. Geräte-IDs nach wie vor sehr präzise Daten Ihrer Nutzer erheben und für Werbung nutzen können. Viele kleine Ad-Tech Unternehmen und Affiliates sind daher zu einer noch engeren Zusammenarbeit mit GAFA gezwungen. Denn ohne Cookies ist die Auszahlung an den Seitenbetreiber (Publisher) als Ausgleich für die Anzeigenschaltung in Gefahr.



Ist das Web der Zukunft voller Login-Schranken?

Das Tracking wird künftig hauptsächlich über Logins stattfinden (die Email dient als geräteübergreifender Identifier), wobei kleine und mittlere Unternehmen es schwerer haben dürften ihre Besucher zu registrieren als die großen Plattformen wie beispielsweise Facebook, Google, Instagram oder Apple. Letzere haben ihr "Sign in with Apple" schon im Sommer 2019 für iOS vorgestellt.

Apple is introducing a new, more private way to simply and quickly sign into apps and websites. Instead of using a social account or filling out forms, verifying email addresses or choosing passwords, customers can simply use their Apple ID to authenticate and Apple will protect users’ privacy by providing developers with a unique random ID. (...) Sign In with Apple makes it easy for users to authenticate with Face ID or Touch ID and has two-factor authentication built in for an added layer of security. Apple does not use "Sign In with Apple" to profile users or their activity in apps.  


Login-Daten sind wertvoller als Cookie-basierte Profile

Aus Vermarktungsperspektive sind  Login-Daten wertvoller als Cookie-basierte Profile, da diese ein genaueres Bild zeichnen. Auch stimmen Nutzer bei der Registrierung in den Nutzungsbedingungen zu, dass deren Daten für Werbezwecke eingesetzt werden dürfen. Das erzwungene Login ist also durchaus ein sehr mächtiges Tool - allerdings ist auch die Bounce-Rate nicht zu unterschätzen. Wer sich hinter Schranken positioniert verliert stets deutlich an Traffic. 



Die Single Sign-Ons:  Macht NetID, Unified ID oder Verimi das Rennen? 

Als europäischer Ansatz eines Login Trackings ist NetID zu nennen, die von RTL, ProSieben, United Internet, Zalando, Springer und T-Systems vorangetrieben wird. Ob es sich als Platzhirsch etablieren kann, ist aber noch nicht sicher. Denn es gibt auch noch universelle sog. Unified IDs, die die Werbebranche außerhalb von GAFA und NetID zu etablieren versuchen, die ihrerseits aber auch wieder auf 3rd Party Cookie Technologie aufsetzen. Im Unterschied zur bisherigen Variante werden die Cookies nicht auf dem Endgerät, sondern auf Servern abgelegt - was den  Datenschutz nicht einfacher machen wird, da es sich um private, gewinnorientierte Anbieter handelt.

Noch zu erwähnen ist der „Single Sign-on“-Dienst Verimi. Vor etwa drei Jahren gestartet sollte dieser die deutsche Antwort auf die Identifizierungs-Features globaler Techkonzerne wie Google oder Facebook werden. Die großen Erwartungen konnte Verimi allerdings nicht erfüllen, da es an der nötige Reichweite bzw.   kritischen Masse fehlt. Das Grundproblem: Während die Verbraucher mit Diensten wie „Facebook Connect“, „Login with Google“ oder „Sign-In with Apple“ fast automatisch in Berührung kommen, mangelt es Verimi bis heute an Bekannheit.
Ob der Rückhalt der Gesellschafter Deutsche Bank, Allianz, VW Financial Services und Samsung auch über eine längere Durststrecke gegeben ist, bleibt offen. Verimi mangelt es z.Z. an weiteren internationalen Partnern, die das Produkt in den Markt tragen.  





Semantisches Targeting: Kehrt der Klassiker zurück?

Die Ära des One-to-one Targetings und Retargetings ist fast zu Ende. Der Boom des "Programmatic Buyings" der letzten zehn Jahre mit dem Kauf von Display-Werbeflächen in Echtzeit ist Vergangenheit. Die "Cookie-lose Zukunft" wird
daher auch wieder klassische Werbeformen etablieren. Die Relevanz der ausgelieferten Werbeanzeigen wird dann nicht mehr auf dem  Besucherverhalten und gezeigtem Interessen (z.B. auf anderen Websites) abgleitet, sondern richtet sich alleine nach dem thematischen Umfeld des Contents (Contextual Targeting). Letzlich kennen wir diesen Ansatz aus den Print-Medien und aus den Anfangsjahren des Display-Marketings sehr gut.

Nachteilig dürfte jedoch sein, dass ohne 3rd Party Cookies nützliche Funktionen wie "Frequency Capping" oder dynamische Anpassung des Werbemittels schwieriger bzw. garnicht mehr mit vertretbaren Aufwand umzusetzen sind.

Neue Chancen bietet das semantische Targeting mit i.V.m Deep Learning. Mit den fortgeschrittenen Methoden wie Netnography könnten heute soziale Interaktionen/Konversationen z.B. Threads sehr genau ausgewertet werden.
Damit würden große Player wie Google den Display-Markt auch ohne Cookies weiterhin dominieren. Google´s FloC Technologie auf Basis von Kohorten würde  letzlich ähnlich gute Relevanzen erzeugen können.

Muß man dem "Programmtischen Buying" ein Träne nachweinen? Wir denken nicht. Faktisch wurde viele Jahren damit auch ein System erschaffen mit dem auch schlechtes Inventar noch irgendwie zu Geld gemacht werden konnte. Die Fraud-Gefahr war immens hoch. Insofern könnte das Web und die App-Landschaft auch wieder an Qualität gewinnen, da viel schlechte Angebote mangels Refinanzierung (Ad Echanges, SSP) eingestellt werden. 



Quellen:

https://www.afaqs.com/news/marketing-initiatives/programmatic-advertising-without-cookies-the-era-of-one-to-one-targeting-retargeting-may-be-over-but-its-not-all-bad-news

https://www.apple.com/newsroom/2019/06/apple-previews-ios-13/

https://financefwd.com/de/verimi-millionen/

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